Mit Varta hat Michael Tojner einen dicken Fisch an Land gezogen. Die E-Mobilität bringt dem Konzern einen massiven Aufschwung.

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Die vergangenen Jahre müssen für Michael Tojner eine wahre Hochschaubahnfahrt gewesen sein. Wirtschaftlich ging es ständig nach oben, medial dominierten die Negativschlagzeilen. Hausdursuchungen wegen Betrugsvorwürfen rund um das Engagement bei gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften, das Gezerre um die Hochhauspläne am Wiener Heumarkt und jetzt auch noch das:

In der vergangenen Woche klopfte die Staatsanwaltschaft bei Verfassungsrichter und Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter an, zudem wurde der Spitzenbeamte Christian Pilnacek suspendiert. Beide Herren sollen sich in den Verfahren gegen Tojner für den Geschäftsmann eingesetzt haben, was sie bestreiten.

Montana Tech groß gemacht

Der Industrielle und Immobilientycoon hat sich schon früh den Ruf eines Grenzgängers erworben. Weniger gewogene Personen sprechen von einem Spekulanten, bei dessen Geschäften er immer gut, die anderen aber oft schlecht aussteigen würden. Tojner, der sich als "industrieller Entrepreneur" zu bezeichnen pflegt, hat sich unter dem Dach der Montana Tech eine beachtliche Industriegruppe zusammengekauft, mit 1,3 Milliarden Euro Umsatz und 198 Millionen Euro Gewinn (2019).

Eines der Kernstücke ist der deutsche Batterienerzeuger Varta, der zu rund 55 Prozent einer Montana-Tech-Tochter gehört, also Tojner zuzurechnen ist. Varta scheint auch eines der Lieblingsunternehmen des begeisterten Kitesurfers zu sein, der leidenschaftlich und viel über die Zukunft von E-Autos parliert. Für Varta bringt auch der deutsche Steuerzahler einiges auf, stellen verschiedene Körperschaften doch 300 Millionen Euro an Förderungen für den Ausbau der Varta-Batteriezellfertigung zur Verfügung. Die gute Entwicklung von Varta katapultierte Tojner mit einem geschätzten Vermögen von 2,6 Milliarden Euro auf Platz 15 der reichsten Österreicher.

Heumarkt im Zentrum

Tojners zweites Lieblingsthema ist unter einem kurzen Stichwort österreichweit bekannt: der Heumarkt. Der Doktor-Doktor in Jus und Betriebswirtschaftslehre ist mit der Wertinvest auch Immobilienunternehmer und will das Areal zwischen dem ihm gehörenden Hotel Intercont und dem Wiener Konzerthaus neu bebauen. Sein Hochhausprojekt gefährdet aber wegen seiner Höhe den Weltkulturerbestatus der Wiener Innenstadt. Daher ist bisher nichts aus Tojners Plan geworden, mit 50 Jahren das Hotel und den neugestalteten Eislaufplatz (Wiener Eislaufverein) zu eröffnen, wie er das einmal in einem STANDARD-Interview sagte. Inzwischen ist er 54 Jahre alt – und er hat einige Probleme mehr am Hals.

Sektionschef Christian Pilnacek (rechts) und sein Ex-Chef Wolfgang Brandstetter sollen Tojner geholfen haben – sie bestreiten den Verrat von Hausdurchsuchungen.
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Irgendwie stehen die allesamt mit dem Heumarkt in Verbindung. Der günstige Erwerb des Areals spielte in der Causa Stadterweiterungsfonds eine (Neben-)Rolle, in der gegen Wiener Beamte ermittelt wurde, die allesamt freigesprochen wurden. In den Heumarkt-Erwerb wiederum war die Genossenschaft "Buntes Wohnen" involviert, aus der später die Wohnbaugesellschaft Pannonia werden sollte. Der Pannonia wurde 2012 die Gemeinnützigkeit durch das Land Burgenland aberkannt (sodass man über die Immobilien in der Folge quasi frei verfügen konnte), bei diesem Schritt wird eine Abschlagszahlung fällig.

Burgenland zeigte an

Vor rund zwei Jahren erstattete das Land Anzeige: Die Immobilien seien vorsätzlich zu tief bewertet worden, so der Vorwurf. Inzwischen ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen des Verdachts auf gewerbsmäßigen Betrug, Tojner steht mittendrin. Er bestreitet die Vorwürfe – in die nun auch sein alter Freund Brandstetter sowie eben Pilnacek verwickelt sind. Sie hätten, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft Wien, Tojner vor der Hausdurchsuchung gewarnt.

Auch im Verfahren gegen den früheren in Wien für Stadtentwicklung und Wohnbau zuständigen Politiker Christoph Chorherr wird Tojner als Beschuldigter geführt. Er weist ebenso wie alle anderen Genannten, für die die Unschuldsvermutung gilt, die Vorwürfe zurück.

Selbsternannte Legende

Tojner fühlt sich zu Unrecht verfolgt, auch von den Medien. Er wehrt sich auch gegen die Beschreibung von Beobachtern und Wegbegleitern, wonach er schon immer ein Zocker gewesen sei. Er selbst sehe sich als "Venture-Capital-Legende", wie er 2017 in einem STANDARD-Interview erklärte.

Wie das kommt: 1998 gründete er mit der Meinl Bank die Global Equity Partners und legte Risikokapitalfonds auf, was ihm Beinamen wie "Heuschrecke" oder "Mister Managementfee" eintrug. Er selbst verweist lieber darauf, dass man damals rund 50 Unternehmen finanziert habe, nur sechs Engagements seien schiefgegangen.

Licht und Schatten wechseln bei Tojners Karriere schnell – je nach Sichtweise.
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Das "hochriskante Risikokapital-Investment" bei "Starbet" etwa war ein Flop – die Staatsanwaltschaft ermittelte jahrelang, auch gegen Tojner. Sein Verteidiger: Brandstetter, den der Sohn einer Lehrerin und eines Installateurs aus Haag schon aus seiner Jugendzeit kennt. Nervös gemacht hätten ihn die Ermittlungen damals nicht, sagte Tojner 2017, denn er sei sicher gewesen, dass das Verfahren eingestellt würde. Was dann ja auch so kam.

Hochrisiko im Blut

Ein gewisser Hang zu Hochrisiko und Unternehmertum ist dem Vater von sechs Kindern nie abzusprechen gewesen. Bevor er nach Wien übersiedelte, legte er sich einen Ford Escort zu und finanzierte sich durch Mitfahrgelegenheiten nach und von Wien. Mit 20 Jahren zog er Eisverkaufsstände in Schönbrunn auf, was ihm – so die Legende – mit 23 seine erste Schilling-Million eingebracht haben soll. Das Denkmalamt verbot die Stände später, was Tojner bis zum Obersten Gerichtshof bekämpfte. Kämpfen sei so seine Art, und durch "kleine Zwischentiefs" lasse er sich nicht bremsen, kommentierte der heutige Milliardär das einmal.

Ungebremst wurde Tojner in der Folge mit seiner damaligen Freundin im Möbelhandel aktiv, ließ in der Disco Mekka tanzen und gründete 1989 mit Kompagnons einen Versandhandel. Von der Freundin trennte er sich, das Mekka (dessen Namen der saudische Botschafter in Wien verbieten lassen wollte) wurde behördlich geschlossen, und der Versandhandel ging fast pleite.

Trotzdem war Tojner das Glück hold: Aus dem Mekka wurde die spätere In-Bar "Bar Italia", den Möbelladen übernahm Interio, den Versandhandel Neckermann. Wobei Tojner ("Ich war schon mit 20 ausgefuchst") dabei einiges an Geschick bewies: Für den Besuch der deutschen Interessenten, die der letzte Strohhalm für die Jungunternehmer waren, hatte man laut Tojners Schilderungen Aufträge für ein paar Tage zusammenkommen lassen. Dann wurde eine in eigens für diesen Tag geschneiderten Overalls steckende, begeistert arbeitende Crew hergezeigt.

Die Rechnung ging auf, die Neckermänner schlugen zu. Seine schlimmste Zeit sei das damals gewesen, erzählte Tojner einmal. Möglicherweise eine Einschätzung, die er nun relativieren würde.

Attacke auf Stiftung

Politisch hat Tojner vor gut zwei Jahren für Wirbel gesorgt, als er die aus dem einstigen Bank-Austria-Imperium hervorgegangene B&C-Stiftung knacken wollte, zu der namhafte Beteiligungen an Lenzing, Semperit oder Amag zählen.

Mit gewichtigen Partnern wie den Familien Dichand (Krone) und Pierer (KTM) sowie politischem Rückhalt der ÖVP-FPÖ-Regierung ausgestattet, brachte die Attacke die B&C ins Schwitzen. "Die Stiftung soll sturmreif geschossen werden", klagte ihr Vorstand Wolfgang Hofer. Letztlich misslang der Coup, doch Tojner soll nur gegen eine Stange Geld den Fuß aus der B&C-Tür gezogen haben.

Die Dichands sind alte Partner von Tojner, gemeinsam mit den Bauträgern Soravia besitzt man das Auktionshaus Dorotheum. Eva Dichand sagte einmal über die Geschäftspraktiken des Kompagnons: "Er schlichtet einen Konflikt, alle sind zufrieden, und 24 Stunden später kommt man drauf: Hoppla, das war ja ganz zu seinem Vorteil." (Renate Graber, Andreas Schnauder, 2.3.2021)