Zbogom, Djole.

Wie schreibt man über die Helden der eigenen Kindheit und Jugend, ohne sentimental zu werden und in Pathetik zu verfallen? Ich kann das nicht. Deshalb fange ich mit der nüchternen Agenturnachricht an.

Der serbische Liedermacher und Balladensänger Djordje Balašević ist am Freitag Medien zufolge einer Corona-Infektion erlegen. Er starb im Alter von 67 Jahren im Klinikum seiner Geburtsstadt Novi Sad, berichtete das staatliche Fernsehen RTS. Balašević begann seine Karriere im ehemaligen Jugoslawien. Sein Eintreten gegen Nationalismus und seine humanistischen Botschaften bewirkten, dass er über Serbien hinaus auch in den anderen jugoslawischen Nachfolgestaaten populär blieb.

Pannonischer Matrose

Er blieb nicht nur in den Nachfolgestaaten populär, er und seine Lieder folgte auch uns, in die Diaspora. Millionen Jugoslawen, später mit dem Ex davor, sind mit seinen Liedern, aufgewachsen. Aus der Zeit gefallene Poesie, durchdrungen von feinem Humor und Selbstironie, so waren seine Songs. Kleine Gucklöcher in die slawische Seele und darüber hinaus. Balašević bezeichnete sich selbst ironisch als "pannonischer Matrose" (Panonski mornar, 1979). Er war tief geprägt von der Landschaft der Vojvodina, von dem Mischmasch der slawischen und ungarischen Einflüsse, von der Lebensfreude und Melancholie der weiten Ebene.

Gegen Krieg und Nationalismus

Er war Humanist, Pazifist und Antinationalist. Im Jahr 1987 veröffentlichte er das Lied "Samo da rata ne bude" (Nur, dass der Krieg nicht kommt). Tragisch und prophetisch. Als 1992 der Krieg in Kroatien längst tobte und in Bosnien nur wenige Wochen entfernt war, veröffentlichte die deutsche TAZ eine Übersetzung davon. Doch für Balašević Beschwörungen war es längst zu spät.

ĐORĐE BALAŠEVIĆ OFFICIAL

Während der 1990er zeigte er sich mit seinen Mittel gegen den Wahnsinn des Krieges widerständig. Unerbittlich war seine Gegnerschaft zum serbischen Autokraten und Kriegsherrn Slobodan Milošević. Balašević weigerte sich, in Serbien aufzutreten, solange dieser an der Macht war.

Dafür trat er 1998 in Sarajevo auf und wurde mit großer Freude empfangen. Er tourte anschließend durch alle ex-jugoslawischen Länder. Seine Songs verbanden all jene, die in einem Land aufgewachsen waren, das uns jetzt wie ein seltsamer Traum vorkam. Balašević als Zeitzeuge guter und schlimmster Zeiten Jugoslawiens, legte seine Songs über den Schmerz und Leid, das seine Landsleute erlebt hatte, den bittersüßen Balsam der Musik und Poesie.

Alle großen Online-Portale in den jugoslawischen Nachfolgestaaten bringen seinen Nachruf auf der Startseite, prominent.

Seine Konzerte waren lang, voller Humor und Rezitationen.
Foto: balasevic.com

Djole in Wien

In Wien trat er das letzte Mal im Oktober 2019 auf. Die Halle war voll. Ex-Jugoslawen jeden Alters sangen lauthals mit. Djole, wie ihn sein Fans nennen, sang, sprach, rezitierte. Das Konzert war kürzer als seine Auftritte aus früheren Tagen.

Djole ist nicht mehr. Millionen Menschen hat er durch Liebeskummer, Kneipentouren und lange Autofahrten begleitet. Er hat vielen Hoffnung und Vertrauen wiedergegeben, nach den schrecklichen Ereignissen der 1990er Jahren.

Zbogom Djole!

(Olivera Stajić, 19.2.2021)