Ob Social Distancing und Maskentragen einen Nutzen haben ist fraglich, meint Andreas Sönnichsen, vom Zentrum für Public Health der Med-Uni Wien. Belege aus Studien für Maskentragen sind seiner Meinung nach äußerst dürftig. Vermutlich gibt es eine Risikoreduktion von 20 Prozent, aber nur, wenn Masken korrekt getragen und regelmäßig gewechselt werden, sagt er.

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Ist die Gefahr, die von Corona ausgeht, wirklich so groß? Und sind die bisher ergriffenen Maßnahmen völlig überzeugend und ihre Folgen gefährlicher als die Schutzwirkung? Das zumindest behauptet eine Initiative österreichische Mediziner. Bei ihrer Pressekonferenz sticht gleich ins Auge: Die Initiatoren tragen keine Masken und sitzen eng beisammen.

Kritik hagelt es zur Mund-Nasen-Schutz-Pflicht und zur PCR-Teststrategie. "Wir wollen eine öffentliche, breite und faktenbasierte Diskussion, die alle Bevölkerungsgruppen und alle Auswirkungen der Corona-Krise miteinschließt", heißt es von der Initiative für evidenzbasierte Corona-Information. Ihre Forderung zur Rücknahme der Maßnahmen und einer Entschädigung wollen sie mittels eines Volksbegehrens durchsetzen. Denn ihrer Einschätzung nach wird die Gefährlichkeit von Covid-19 aufgrund der Todesopfer in anderen Ländern hierzulande massiv überschätzt. Lebensumstände, Zustand des Gesundheitssystems sowie unterschiedliche Zählweisen bei Statistiken seien mit Österreich nicht zu vergleichen, betont Andreas Sönnichsen, der am Zentrum für Public Health der Med-Uni Wien arbeitet, bei der Pressekonferenz aber nicht in dieser Funktion gesehen werden möchte.

Schlechter behandelt

Die Erkrankung sei in Relation zu normalen Risiken des Lebens zu sehen, sagt Sönnichsen und weiter: "Wir werden mit dem Virus leben müssen." Er argumentiert auch klar gegen die Maskenpflicht und beruft sich dabei auf Studien, die belegen sollen, dass die Risikoreduktion lediglich bei 20 Prozent liege – aber auch nur, wenn der Mund-Nasen-Schutz korrekt getragen und regelmäßig gewechselt wird.

Alles in allem würden Covid-19-Maßnahmen "teils mehr schaden als nutzen", weil dadurch andere Krankheiten schlechter oder gar nicht behandelt werden. Als Beispiel nannte Sönnichsen eine aktuelle Grazer Studie, wonach die Todesrate nach Herzinfarkten während des Lockdowns zugenommen hat. "Wenn man sich die Statistik der Todesfälle anschaut, spielt selbst in den Ländern, wo es viele Tote gab, Covid-19 eine untergeordnete Rolle", sagt er. Anders als befürchtet sind Spitalsbetten in Österreich noch lange nicht ausgelastet. Die maximale Belegung der Spitalskapazität lag bei fünf, die der Intensivbetten bei 26 Prozent, heißt es weiter.

Geschürte Panik?

Martin Haditsch ist Facharzt für Infektiologie und spricht in der Initiative ebenfalls als Privatperson. Er kritisiert gemeinsam mit dem Gynäkologen und Allgemeinmediziner Christian Fiala die derzeit durchgeführten Massentests, da sie zu einer Vielzahl falsch positiver oder "zumindest irrelevanter positiver Ergebnisse" führen und dazu beitragen würden, "Panik in der Bevölkerung zu säen". Der PCR-Test sei nicht geeignet, zwischen Test-Positiven, Infektiösen und Erkrankten zu unterscheiden. Fiala: "Als Arzt ist für mich nicht nachvollziehbar, warum jemand einen Test bekommt, der nicht krank ist."

Psychoneuroimmunologe Christian Schubert thematisierte die nachweisliche Auswirkung von Angst und Stress auf das Immunsystem, das damit anfälliger für Covid-19 werde. Besonderes Augenmerk legte er dabei auf Kinder und Jugendliche und spricht in dem Zusammenhang von einer Traumatisierung. (Julia Palmai, 7.10.2020)