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Sebastian Kurz widerspricht Emmanuel Macron und Angela Merkel.

Foto: REUTERS/Francois Lenoir

Brüssel/Wien/Berlin – Nach der deutsch-französischen Initiative für ein 500-Milliarden-Euro-Programm zur wirtschaftlichen Erholung in der EU rühren beide Länder nun die Werbetrommel – denn es regt sich Widerstand. Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden pochen darauf, dass die EU nur rückzahlbare Kredite und keine Zuschüsse ausgibt. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kündigt in den "Oberösterreichischen Nachrichten" (Paywall) einen Gegenentwurf an, ohne konkrete Angaben über dessen Inhalt zu machen – diese sollen in "den nächsten Tagen" folgen.

"Wir wollen solidarisch sein mit Staaten, die besonders hart von der Krise getroffen wurden, allerdings glauben wir, dass Kredite der richtige Weg sind, nicht Zuschüsse", so Kanzler Kurz, der in Abstimmung mit den Mitgliedsstaaten Niederlanden, Dänemark und Schweden steht, die bisher als Nettozahler-Allianz für eine Begrenzung des EU-Budgets aufgetreten sind.

Auch Finanzminister Gernot Blümel und Europaministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) bekräftigten die ablehnende Haltung der Regierung gegenüber der Vergabe nicht rückzahlbarer Zuschüsse: "Die Finanzierung von nicht rückzahlbaren Zuschüssen lehnen wir nach wie vor ab. Es braucht Investitionen in die Zukunft statt Kostenabdeckung für die Schulden der Vergangenheit", teilte Blümel mit am Dienstag mit. Auch Edtstadler stellte am Mittwoch in einem Interview mit den "Salzburger Nachrichten" klar: "Geld, das jetzt nach Italien, Spanien oder Frankreich fließt (...) muss zurückgezahlt werden."

Details noch offen

Knapp zwei Wochen vor dem Start ist indes das erste Paket mit EU-Corona-Krisenhilfen immer noch nicht endgültig geschnürt. Beim geplanten Programm der Europäischen Investitionsbank für Unternehmenskredite seien noch Details offen, teilte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis nach einer Videokonferenz der EU-Wirtschafts- und Finanzminister am Dienstag mit. "Wir hoffen auf eine schnelle Einigung."

Der Präsident des ifo-Instituts München, Clemens Fuest, zeigte sich zurückhaltend zur Initiative von Österreich und den drei anderen Nettozahlern. Hochverschuldeten Ländern sei "nicht geholfen, wenn man ihnen weiter Kredite gibt", sagte der deutsche Wirtschaftsforscher in der "ZiB 2" am Dienstagabend.
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Die EU-Staaten hatten sich im April auf ein Paket mit Kredithilfen für Kurzarbeiter, für Unternehmen und für Krisenstaaten im Wert von bis zu 540 Milliarden Euro geeinigt. Alle sollen nach dem Willen der Staats- und Regierungschefs zum 1. Juni bereitstehen.

Verfügbar ist inzwischen ein Kreditprogramm des Eurorettungsschirms ESM für bis zu 240 Milliarden Euro Gesundheitskosten in EU-Staaten. Beim Kurzarbeiterprogramm Sure im Umfang von 100 Milliarden Euro billigten die EU-Staaten am Dienstag alle Details, doch müssen sie nun noch benötigte Garantien von 25 Milliarden Euro hinterlegen.

Umstrittene Unternehmenskredite

Beim dritten Element – dem EIB-Programm für Unternehmenskredite – sind auch noch inhaltliche Punkte offen, so etwa, ob nur kleinere und mittlere Unternehmen profitieren sollen. Eine Einigung sei aber wohl in wenigen Tagen möglich, hieß es nach der Ministertagung.

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz hatte angekündigt, bei den Beratungen der EU-Finanzminister auch den neuen deutsch-französischen Vorschlag für ein Wiederaufbauprogramm nach der Corona-Krise zum Thema zu machen.

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire erwartet zähe Verhandlungen über den deutsch-französischen Corona-Rettungsplan. Le Maire sprach am Dienstag in der Pariser Nationalversammlung von einer "schwierigen Partie". EU-Partner wie Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark müssten von dem Vorhaben noch überzeugt werden.

Wie viel Rückhalt der 500-Milliarden-Euro-Plan sonst im Kreis der 27 Länder hat, blieb aber offen. Kommissionsvize Dombrovskis begrüßte den Vorschlag und bekräftigte, dass die Kommission am 27. Mai ihr eigenes Konzept präsentieren werde. Danach brauche man rasch einen Kompromiss. "Die Zeit ist kurz, deshalb müssen wir uns schnell einigen", sagte Dombrovskis. (red, APA, 19.5.2020)