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Foto: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Der EU-Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiorowski hat bei der Nutzung von Handydaten im Kampf gegen die Corona-Pandemie zur Vorsicht aufgerufen. Die Nutzung persönlicher Daten könne hier nützlich und sinnvoll sein, "dieselben Daten können aber auch für sehr undemokratische Zwecke genutzt werden", sagte Wiewiorowski am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP.

Jegliche Verwendung zur Bewältigung der Krise müsse verhältnismäßig und regelkonform sein. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hatte zuvor angekündigt, kostenlos von der Deutschen Telekom zur Verfügung gestellte Massendaten zur Beobachtung der Mobilität der Bevölkerung nutzen zu wollen. Dies soll Aufschlüsse über die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Einschränkung des öffentlichen Lebens liefern.

Nicht alle bleiben zuhause

In der italienischen Lombardei, der am schlimmsten von der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus betroffenen Region in Europa, tun die Behörden dies Medienberichten zufolge bereits: Die Auswertung der Daten von Funkmasten der Telefonanbieter habe ergeben, dass nur 60 Prozent der Bevölkerung zuhause bleibe, obwohl die Regierung eine strikte Ausgangssperre verhängt hat, berichtete die Tageszeitung "Il Corriere della Sera".

"Solange anonymisierte und zusammengefasste Daten genutzt werden, besteht aus datenschutzrechtlicher Sicht kein Problem", sagte Wiewiorowski dazu. Denn streng genommen handle es sich nicht um persönliche Daten. "Allerdings ist die vollständige Anonymisierung von Telefondaten technisch schwierig."

"Massenkontrolle"

Für den EU-Abgeordneten Patrick Breyer von der Piratenpartei geht schon die anonymisierte Verwendung etwa von Standortdaten zu weit. "Hier droht ein Präzedenzfall zur Massenkontrolle nicht-öffentlicher Zusammenkünfte und Begegnungen geschaffen zu werden", erklärte das Mitglied der Grünen-Fraktion im Europaparlament. Hierzulande bietet der Mobilfunker A1 der Regierung Bewegungsströme von Nutzern.

Eine weitergehende Nutzung von Daten, etwa zum Erstellen individueller Bewegungsprofile oder die Verknüpfung mit Gesundheitsdaten, ist auch für EU-Datenschützer Wiewiorowski grundsätzlich problematisch. Allerdings bietet das EU-Regelwerk hier durchaus Möglichkeiten: Sowohl die Europäische Datenschutzgrundverordnung als auch die sogenannte E-Privacy-Richtlinie enthalten Klauseln für Ausnahmen zur Krisenbewältigung.

Nationale Gesetze

"Die Mitgliedstaaten können dafür entsprechende nationale Gesetze verabschieden", sagt Wiewiorowski. Grundsätzlich müsse aber immer klar formuliert sein, "wozu die Daten genutzt werden, wer Zugriff hat und wann die Nutzung ausläuft". Es könne sich immer nur um eine übergangsweise Lösung in Krisenzeiten handeln. (APA/AFP, 19.3.2020)