Mit 19 gemeldeten Infizierten – Stand Freitagmittag – steht Ungarn in der weltumspannenden Corona-Krise scheinbar gut da. Doch da bisher nur 858 Menschen auf das Virus getestet wurden – in Österreich ist es fast das Zehnfache –, gehen Experten von einer sehr großen Dunkelziffer aus.

Erste Maßnahmen traf die Regierung zur Wochenmitte: Die Universitäten schlossen, Reisenden aus Italien, China, Südkorea und dem Iran wurde die Einreise verboten*. Ungarn, die aus diesen Ländern eintreffen, müssen in eine 14-tägige Heimquarantäne. In seinem regelmäßigen Rundfunkinterview stellte Premier Viktor Orbán am Freitag eine umfassende Schließung der Staatsgrenzen in Aussicht.

Orbán: "Die Seuche haben Ausländer nach Ungarn gebracht."
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Im selben Interview hatte der Rechtspopulist gleich auch eine Ursache für die Misere parat: "Die Seuche haben Ausländer nach Ungarn gebracht", stellte er fest. Zwar stimmt es, dass die ersten festgestellten Sars-CoV-2-Infizierten Studenten aus dem Iran waren, diese wurden aber auch als Erste getestet. Ungarn, die als Touristen oder Gastarbeiter aus Oberitalien oder Südtirol zurückgekehrt sind und sich auf das Virus testen lassen wollen, wurden bisher abgewiesen. Auch seit Mittwoch gilt für sie bloß die 14-tägige Heimquarantäne, wenn sie bei der Einreise nach Ungarn angeben, dass sie in Italien waren.

Die üblichen Verdächtigen

Noch weiter verstieg sich der Orbán-Propagandist Zoltán Lomnici jr., einer der Sprecher des sogenannten Forums Ziviler Zusammenschluss (CÖF). Bei dieser Organisation handelt es sich um eine Ansammlung pseudoziviler Vereine, die von der Orbán-Regierung ausgehalten werden und diese in den Himmel loben. Auf der CÖF-Facebook-Seite postete Lomnici jr.: "Das Virus breitet sich in den Einwanderungsländern schneller aus. Dies gibt der ungarischen Migrationspolitik recht. Damit ist die Theorie der offenen Gesellschaft von George Soros total gescheitert."

Da nicht bekannt wäre, dass hochinfizierte Länder wie China, Südkorea oder der Iran "Einwanderungsländer" wären, könnte man das Posting als eher unbeholfenen Propagandaversuch abtun. Es zeigt aber, dass Orbán und seine Leute selbst in dieser Situation nicht damit aufhören können, für die Übel dieser Welt die "illegalen Migranten" und den liberalen US-Investor George Soros, einen Förderer der Zivilgesellschaft, verantwortlich zu machen. (Gregor Mayer aus Budapest, 13.3.2020)

* Update 12.15 Uhr: In einer früheren Version wurde berichtet, dass der öffentliche Verkehr nach Österreich und Slowenien eingestellt wurde. Dies wurde zwar zunächst erwogen, vorerst aber noch nicht umgesetzt.