Thilo Sarrazin diskutierte im März mit Heinz-Christian Strache und Harald Vilimsky.

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Berlin – Das Landesschiedsgericht der Berliner SPD hat den früheren Finanzsenator Thilo Sarrazin aus der Partei ausgeschlossen. Das bestätigte Sarrazins Anwalt Andreas Köhler am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP. Die Entscheidung ist noch nicht endgültig, der frühere Berliner Finanzsenator Sarrazin hatte bereits angekündigt, als nächsten Schritt das SPD-Bundesschiedsgericht anzurufen und Berufung einzulegen.

Von der SPD selbst gibt es noch keine offizielle Erklärung. Eine Sprecherin der Berliner SPD bestätigte am Donnerstag nur, dass im Landesschiedsgericht eine Entscheidung gefallen sei, wollte aber nicht sagen, welche. Sarrazin selbst hatte zuvor gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gesagt, er wüsste nichts von der Entscheidung. Sollte sie getroffen worden sein, "werde ich auf jeden Fall Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Landesschiedsgerichtes der Berliner SPD einlegen", wird der Politiker zitiert.

Der SPD-Spitzenpolitiker Ralf Stegner, bis vor kurzem Mitglied im Parteivorstand, begrüßte jedenfalls am Donnerstag die Entscheidung seiner Partei auf Twitter.

Verwirrung wegen "Vorwärts"-Berichts

Für zusätzliche Verwirrung sorgt das einstige Zentralorgan der SPD, "Vorwärts", das die Meldung vom Ausschluss Sarrazins zunächst bestätigte, kurze Zeit später den Artikel wieder löschte. "Thilo Sarrazin darf aus der SPD ausgeschlossen werden", hatte "Vorwärts" aus der Entscheidung der Landesschiedskommission von Mittwochabend zitiert, nun ist der Text nicht mehr auffindbar.

Das einstige Sprachrohr des SPD-Parteivorstandes sieht sich heute als sozialdemokratisches Debattenportal mit besonderem Insider-Wissen über die Partei.

Das bunte Panel: Sarrazins Teilnahme daran soll nun zu seinem Ausschluss aus der SPD geführt haben.
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Rolle der FPÖ

Sarrazin war im März 2019 im Rahmen eines Diskussionsabends der Freiheitlichen Akademie Wien aufgetreten. Anwesend war unter anderem der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Bei dem Termin präsentierte Sarrazin sein Buch "Feindliche Übernahme" und bezeichnete den Islam als eine politische Ordnung, "die Meinungsfreiheit und Demokratie behindert". Seine antimuslimischen Thesen sorgen in Deutschland und auch in Österreich seit Jahren für heftige Diskussionen, Forderungen, ihn aus der SPD zu werfen, gab es ebenso lange.

Auf der Veranstaltung hatte Strache davon gesprochen, dass in Wiener Kindergärten "Kinder zu Märtyrern erzogen werden sollen". Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) zeigte ihn daraufhin an. Die FPÖ wies als Reaktion darauf auf das hohe Gut der freien Rede hin.

"Es war nicht die erste freiheitliche Veranstaltung, wo er als Redner aufgetreten ist, aber jetzt offenbar ein willkommener Vorwand, um einen unbequemen Querdenker endlich loszuwerden", klagte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl in Reaktion auf die Medienberichte.

FPÖ bietet Ehrenmitgliedschaft an

Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp reagierte am Donnerstag prompt auf den Rausschmiss Thilo Sarrazins aus der SPD – und bot dem geschassten Berliner Ex-Finanzsenator die Ehrenmitgliedschaft der FPÖ-Wien an.

"Thilo Sarrazin hat in seinen Büchern wichtige Probleme in Zusammenhang mit der Islamisierung Europas und dem damit verbundenen Verlust der mitteleuropäischen Identität angesprochen", schrieb Nepp unter dem Beifall seiner Follower auf seiner Facebook-Seite. "Dafür wurde und wird er von weiten Kreisen des linken Establishments geächtet und verstoßen. Für mich ist er in Wien immer herzlich willkommen!" (red, APA, 23.1.2020)