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Gut geschützt: Humane Papillomaviren setzen sich an den Körperausgängen fest. Das Immunsystem kann die Viren in Schach halten, wenn die Abwehr jedoch geschwächt ist, kann Krebs entstehen – auch im Analbereich. Eine HPV-Impfung schützt deshalb auf lange Sicht.

Foto: Reuters

Ungefähr 1,5 Prozent aller Dickdarmkrebserkrankungen haben ihren Sitz im Analkanal. Im Gegensatz zu anderen Darmkrebsarten nimmt die Häufigkeit des Analkarzinoms jährlich um einige Prozent zu, die meisten Erkrankungen werden um das 60. Lebensjahr entdeckt. Die deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) hat die optimale Behandlungsstrategien evaluiert und veröffentlicht.

Die Symptome ähneln oft denjenigen von Hämorrhoiden, etwa Blut im Stuhl, Juckreiz, schmerzhafter Stuhlgang, die frühesten und damit am besten zu behandelnden Analkarzinome werden meistens nur durch einen Zufallsbefund im Zuge einer Darmkrebsvorsorgeuntersuchung entdeckt. In 80 bis 85 Prozent werden die Tumoren von Humanen Papillomaviren (HPV) verursacht, auch Immunschwäche und Rauchen gelten als Risikofaktoren und Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer.

Schließmuskel erhalten

Tumoren im Analkanal unterscheiden sich feingeweblich von Tumoren des übrigen Enddarmes. Während im Analkanal Plattenepithelkarzinome vorliegen, treten im übrigen Dickdarm Adenokarzinome auf. Bis zu den 1980er-Jahren bestand die Therapie des Analkarzinoms in einer Operation, bei der meistens der gesamte Analkanal einschließlich des Schließmuskels entfernt und dementsprechend ein permanenter künstlicher Darmausgang angelegt werden musste.

Seitdem hat sich die Therapie drastisch gewandelt, der Einsatz der lokalen Strahlenchemotherapie macht inzwischen in den allermeisten Fällen eine Operation unnötig. Da Plattenepithelkarzinome des Analkanals besser auf eine Strahlenchemotherapie ansprechen als Adenokarzinome des Darms, stellt sie heute die Therapie der Wahl dar und ermöglicht oft eine funktionserhaltende Behandlung.

Der Therapie-Fahrplan

Standardbehandlung ist heute die simultane, kombinierte Strahlenchemotherapie, wodurch die 5-Jahres-Überlebensrate nach der Erstdiagnose eines Analkarzinoms abhängig vom Tumorstadium 70 bis über 90 Prozent beträgt. Die derzeitige Standardradiochemotherapie umfasst die Bestrahlung des Tumors, der Leisten- und Beckenlymphknoten (Gesamtdosis von 50,4–59,4 Gy) und eine simultane intravenöse Chemotherapie (5 Fluorouracil an Tag 1–4 sowie Tag 29–32 und Mitomycin C an Tag 1 und 29).

Durch immer modernere Bestrahlungstechniken wurden über die Jahre die Nebenwirkungen, die sich besonders auf der Haut manifestierten, deutlich reduziert. "Die Radiochemotherapie bleibt beim Analkarzinom der Goldstandard", so die Aussage der DEGRO. Die besondere Herausforderung bei der Bestrahlung des Analkanalkarzinoms sei die kurative Zielsetzung bei möglichst optimalem Funktionserhalt des Schließmuskels und möglichst geringen bzw. akzeptablen Nebenwirkungen an Haut und Darmschleimhaut.

Heilung und Rückfall

Die Heilungschancen für Patienten mit Analkarzinom sind besser als bei vielen anderen Krebserkrankungen. Bei frühestmöglicher Erkennung und Behandlung liegt die Heilungsaussicht heute bei fast 90 Prozent. "Die Radioonkologie unternimmt vielfältige Anstrengungen, um die lokale Rückfallrate von zirka 22 Prozent noch weiter zu verbessern", sagt Rainer Fietkau, Präsident der DEGRO. "Dies erfolgt derzeit im Rahmen von Studien, bei der die Strahlenchemotherapie mit einer Überwärmungstherapie (Hyperthermie) oder einer Immuntherapie kombiniert wird."

So untersucht die von der Deutschen Krebshilfe geförderte randomisierte Phase-2-Studie "RADIANCE" unter Federführung der Klinik für Strahlentherapie des Universitätsklinikum Frankfurt den Zusatznutzen eines sogenannten PD-L1 Immuncheckpoint-Inhibitors zur Standardstrahlenchemotherapie und nach ersten ermutigenden Ergebnissen zum Nutzen der Kombinationstherapie aus Strahlenchemotherapie und Hyperthermie wurde in Erlangen die HyCAN-Studie, eine Phase-3-Studie, gestartet.

Doch die Experten sind sich unisono einig: Vorsorge ist besser als Therapie. Sie empfehlen deshalb die HPV-Impfung, weil damit die verursachenden Viren für Analkarzinome unschädlich gemacht werden. Buben und Mädchen im Teenager-Alter, die heute gegen das Humane Papilloma-Virus geimpft werden, werden in einigen Jahrzehnten davon profitieren. (red, 9.1.2020)