Das europäische Mobile-Payment-Netzwerk Empsa soll rechtzeitig zur Fußball-Europameisterschaft 2020 an den Start gehen.

Foto: Blue Code International AG

Wien – Wer an einer Kassa in einem österreichischen Supermarkt sein Smartphone zückt, leidet nicht an geistiger Verwirrung, sondern zieht bei einem internationalen Trend mit. In den USA und in China ist Mobile Payment bereits seit Jahren ein ganz normaler Zahlungsvorgang, der nun vermehrt in Europa ankommt. Die diesbezügliche Vorreiterrolle in Europa haben, wenig überraschend, die Skandinavier, doch auch auf dem Rest des Kontinents nimmt die Nutzung zu. Dahinter steckt ein hart umkämpfter Markt.

Um besagten Markt nicht außereuropäischen Anbietern – allen voran US-amerikanischen Firmen wie Apple – zu überlassen, schließen sich sieben europäische Mobile-Payment-Zahlungsanbieter zu einem Netzwerk zusammen und wollen ein eigenes, nach europäischen Standards entwickeltes und europaweit gültiges Zahlungssystem einführen. Die Vereinigung wurde Anfang August in Zürich gegründet und trägt den Namen Mobile Payment Systems Association (Empsa).

Federführende österreichische Beteiligung

Das österreichisch-schweizerische Unternehmen Bluecode war daran federführend beteiligt. "Am Jahresende sollen die elementaren Eckpfeiler für das System stehen. Ein genaues Datum für einen flächendeckenden Start gibt es noch nicht, wir peilen jedoch die Fußball-Europameisterschaft 2020 an", sagt Bluecode-Geschäftsführer Christian Pirkner im Gespräch mit dem STANDARD. Neben Bluecode machen Twint (Schweiz), Swish (Schweden), Vipps (Norwegen), Mobile Pay (Finnland, Dänemark), Bancontact Payconiq (Belgien) und Sibs/MB Way (Portugal) mit.

Ziel ist, mit der App in den neun beteiligten Ländern bezahlen zu können. Rund 25 Millionen Mobile-Payment-Nutzer sollen zu Beginn bei rund einer Million Akzeptanzstellen in Handel, Gastronomie und Hotellerie sowie 350 Banken entstehen. Pirkner setzt auf Gruppendynamik und geht davon aus, dass sich laufend weitere Nationen beziehungsweise mobile Zahlungsanbieter dem Netzwerk anschließen.

Fragmentiertes Europa

Der europäische Zahlungsverkehr ist bis dato stark fragmentiert. Dieses Problem wurde in den vergangenen Monaten verstärkt auf politischer Ebene diskutiert. Beispielsweise forderten die deutsche Kanzlerin Angela Merkel oder der Direktor der Europäischen Zentralbank Yves Mersch mehr Unabhängigkeit bei Bezahlsystemen.

Bei einem paneuropäischen System geht es darum, drei Komponenten zu verbinden. Technisch müssen der Daten- und der Geldfluss aufeinander abgestimmt werden. Juristisch braucht es eine gemeinsame Basis, um Kooperationsverträge abzuschließen. Würde jedes Land individuelle Deals aushandeln, entwickelte sich eine nicht zu bewältigende sowie exponentiell wachsende Vertragsflut. Kommerziell braucht es, salopp gesagt, nur einen konkurrenzfähigen Preis gegenüber der Kartenzahlung. Andernfalls gäbe es für einen Händler keinen Anreiz, das System zu implementieren.

Konkurrenz aus Cupertino

Im Frühjahr dieses Jahres startete Apple Pay in Österreich. Apple ging mit N26, Erste Bank und Sparkasse, Mastercard sowie Visa an den Start. "Apple Pay wurde sehr gut angenommen und wird viel genutzt", sagt eine Sprecherin der Erste Group zum STANDARD. Nutzerzahlen nennt sie jedoch nicht. Dass sich amerikanische Systeme für Banken tatsächlich rechnen, ist für Pirkner zumindest keine ausgemachte Sache.

"Kommerziell gesehen ist das eine Katastrophe. Die europäische Firma muss das amerikanische System selbst vermarkten und einen gewichtigen Teil der Transaktionsgebühr nach Cupertino abliefern. Es profitieren Mastercard und Apple", sagt Pirkner. Man müsse in Europa reagieren, um nicht die ganze Wertschöpfungskette zu verlieren. Die europäischen Systeme müssten jedoch besser sein und mehr bieten als Apple Pay. Konkret meint der Bluecode-Chef damit integrierte Bonussysteme, Kundenkarten, dass direkt Gutscheine eingelöst werden können oder Belege gespeichert werden.

Kooperation mit Alipay

Vergangenen Herbst gab Bluecode eine Kooperation mit Alipay, dem weltweit größten Anbieter für mobiles Bezahlen, bekannt. Dadurch können chinesische Touristen in heimischen Geschäften via Handy und Alipay bezahlen. Pirkner sieht in der Zusammenarbeit weder einen Nach- noch einen Vorteil. Die Ausgangslage sei eine andere im Vergleich zu der Konkurrenz aus den USA. Alipay nutzt das Bluecode-System, wodurch die Wertschöpfung im Land bleibe. (Andreas Danzer, 2.9.2019)