Das "Lumi"-Babymonitor Paket besteht aus zwei abnehmbaren Sensoren, zwei Packungen Spezial-Windeln, einer App und einem Video-Monitor

Foto: Pampers

In einer Welt, in der alles ‘smart’ wird, sind smarte Windeln keine Überraschung mehr. Pampers präsentierte letzte Woche sein internetgestütztes Windelsystem "Lumi", das in Zusammenarbeit mit Googles Tochterfirma Verily entwickelt wurde. Mit der smarten Windel können Daten über die Aktivitäten des Babys gesammelt und auf das Smartphone der Eltern übertragen werden. Auf einer App soll dann angezeigt werden, wann die Windel gewechselt werden muss und wie lange das Kind schläft. Die detaillierte Datensammlung wirft bei Datenschützern jedoch Bedenken auf.

Die smarte Windel hat einen abnehmbaren, wiederverwendbaren Sensor, der misst, wann die Windel gewechselt wurde und wann das Baby schläft
Foto: Pampers

"So ziemlich alles tracken"

Die Windel an sich ist ein Wegwerfprodukt – der Sensor hingegen kann auf die passende Spezial-Windel geheftet und wiederverwendet werden. Über das WLAN verbindet sich die smarte Windel mit einer App, die für iOS und Android erhältlich ist.

Mit dieser Applikation kann man "so ziemlich alles" überwachen, so Pampers. Aufgezeichnet wird, wann die Windel das letzte Mal gewechselt wurde, wie lange das Baby wach ist, und wann es zuletzt gefüttert wurde. Die App soll auch personalisierte Tipps und Inhalte von Pampers "Experten" anbieten, sowie aufgezeichnete Daten in detaillierte Statistiken und Wochenrückblicken wiedergeben.

Rundum-Überwachung im Paket

Neben App und Windel-Sensor wirbt Pampers auch mit einem Video-Monitor, der das Baby in 1080p, bei Tag und Nacht überwachen kann. Zusätzlich misst das Gerät die Luftfeuchtigkeit und Raumtemperatur – Daten, die ebenfalls in die App einfließen. Mit dem "Lumi"-Produkt wolle der US-Amerikanische Windelhersteller ermöglichen, dass Eltern "die tägliche Entwicklung Ihres Babys rund um die Uhr sehen und verstehen" können.

Der Sensor ist nur mit der passenden Spezial-Windel kompatibel und muss alle drei Wochen ausgetauscht werden. Außerdem kann es nur die Nässe der Windel erkennen, und nicht über den Stuhlgang des Kindes informieren. Der Preis für das "Lumi"-Paket, bestehend aus zwei Sensoren, zwei Packungen Windeln und dem Baby-Monitor ist noch nicht bekannt. Erscheinen wird das Produkt bereits Ende diesen Jahres.

Datenschutzrechtliche Bedenken

Pampers wirbt damit, dass die smarte Windel nicht nur das Windelwechseln erleichtern soll, sondern auch detaillierte Einblicke in die Entwicklung des Babys ermögliche. Die Daten, die dabei gesammelt werden, also wann Babys gefüttert werden, wann sie wie viel schlafen, wie oft die Windel gewechselt werden muss und welche räumlichen Bedingungen vorherrschen, sind wertvoll – sowohl für Eltern als auch Produktentwickler.

Laut Financial Times versichert Pampers, dass die Daten direkt auf das Smartphone der Eltern transferiert werden. Sensible Daten, wie Namen und Geburtsdatum, seien nicht für den Hersteller zugänglich, andere gesammelte Daten hingegen schon. Diese würde das Unternehmen verwenden, "um das Produkt zu verbessern". Die beworbenen, "personalisierten" Ratschläge suggerieren auch, dass die gesammelten Daten ausgewertet werden.

Smarte Produkte: Datensammlungs-Tools für Großkonzerne

Datenschützer in den USA äußern sich kritisch zum neuen Produkt von Pampers. Eltern würden das neue System vielleicht praktisch finden, aber die ernsten Risiken für ihre Privatsphäre nicht erkennen, so Jeffrey Chester, CEO des Center for Digital Democracy. "Es ist klar, dass dies Teil einer durchdachten Unternehmensstrategie ist, die das Unternehmen effektiv in unser zunehmend digitales Leben einbinden soll", merkt Chester in der Financial Times an.

Auch die Arbeiterkammer kritisiert die zunehmende Präsenz von Konzernen im digitalen Leben ihrer Kunden. Durch Smart Speaker, Smartphones und jetzt auch Smart-Windeln, sei es Konzernen möglich, tief in das alltägliche Leben von Personen einzublicken. Im Rahmen einer Studie warnte die Arbeiterkammer vor der Datensammlung durch smarte Lautsprecher wie Amazons Echo, die aufgrund ihrer fehlenden Transparenz ein Datenschutzrisiko darstellen. Unter anderem sei nicht ersichtlich, welchen Verwendungszweck gesammelte Daten haben und wie lange diese gespeichert werden.

Die Smart Speaker ermögliche die Erstellung detaillierter Nutzerprofile. Der praktische Nutzen, den Smarte Lautsprecher und Sprachassistenten anbieten, überwiege in den meisten Fällen das datenschutzrechtliche Risiko nicht. Nutzern wird daher geraten abzuwägen. Die Arbeiterkammer warnt davor, dass Kunden ihre Privatsphäre aufgeben würden, ohne sich dessen bewusst zu sein. (hsu, 23.07.2019)