Reni Eddo-Lodge, britische Journalistin mit nigerianischen Wurzeln, erntet für ihr Buch viel Beifall.

Foto: Amaal Said

Als Vierjährige dachte Reni Eddo-Lodge, sie würde später einmal weiß werden, weil alle guten Menschen, die sie im Fernsehen sah, Weiße waren und alle dunkelhäutigen Figuren böse. Als schlechten Menschen sah sich das 1989 in London geborene Mädchen nigerianischer Abstammung aber nicht. Ein Dilemma, mit dem Eddo-Lodge umzugehen lernte, bis es ihr 2014 reichte.

Da traf die junge Frau die Entscheidung, nicht mehr mit Weißen über Hautfarbe sprechen zu wollen. Auf ihrem Blog schrieb sie damals, die meisten Weißen wollten nicht verstehen, was "struktureller Rassismus" gegen Farbige bedeute. Sie war das Einreden auf taube Ohren leid. Sie wappnete sich gegen Reaktionen, die das Klischee von der zornigen schwarzen Frau aufwärmen würden. Stattdessen kam viel Unterstützung.

In ihrem in Großbritannien hymnisch gefeierten und mit dem British Book Award ausgezeichneten Essayband Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche erklärt Reni Eddo-Lodge nun, was es bedeutet, "unübersehbar als anders kenntlich" zu sein.

Auf Österreich übertragbar

Sie argumentiert mit Stadtentwicklungspolitik, Justiz und dem Arbeitsmarkt genauso wie mit Popkultur und Feminismus. Eddo-Lodge telefoniert mit dem früheren Vorsitzenden der rechten British National Party, der fürchtet, dass weiße Briten gegenüber jenen mit Migrationshintergrund 2066 in der Unterzahl sein werden, und hört Argumente von Überfremdung und Kulturdurchmischung. Man kann, was die Autorin für Schwarze in Großbritannien feststellt, spätestens seit der sogenannten Flüchtlingskrise leicht auf andere Bevölkerungsgruppen in Österreich übertragen.

Auch auf Twitter geführte Debatten greift die für Guardian und New York Times tätige Journalistin auf. Der Halbsatz "Hätte das ein Weißer über Schwarze gesagt ..." sei ein Pseudoargument, "um das Weißsein vor dringend notwendiger rigoroser Kritik zu schützen". Rassismus andersherum funktioniere nicht, stellt Eddo-Lodge klar. Denn Rassismus sei "Vorurteil plus Macht", und es gebe nicht genug Schwarze in Machtpositionen, als dass sie sich gegen Weiße rassistisch verhalten könnten.

Komplizen des Rassismus

Andere Wahrnehmungen als ihre eigene lässt Eddo-Lodge oft nicht gelten. Jeder Einwand, dem sie begegnet, wird als Ausrede enttarnt. Das kann im Sinne einer Debatte hie und da ermüden. Analysen zu Verteilungsungerechtigkeit, mangelnder Repräsentation und "weißen Privilegien" trägt sie indes überzeugend vor. Weiße, die die Existenz ihrer impliziten Privilegien nicht anerkennen, sind für Eddo-Lodge Komplizen des Rassismus. Rassismus also "ein Problem in der Psyche des Weißseins. Weiße haben die Verantwortung, es zu lösen." (Michael Wurmitzer, 2.4.2019)