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Hasankeyf ist wegen der schönen Kulisse für Hochzeiten beliebt.

Foto: REUTERS/SERTAC KAYAR

Die Bilder der kleinen Stadt Hasankeyf mit dem filigranen Minarett, der antiken Festung und zwei aus dem zwölften Jahrhundert stammenden Brückenpfeilern sind mittlerweile weltbekannt. Auch das ist eine Folge des jahrzehntelangen Kampfs um das Staudammprojekt llisu im Südosten der Türkei. Nun hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Klage von Architekten und Umweltschützern abgewiesen.

Die Kläger hatten als Begründung angeführt, dass durch die Flutung das Menschenrecht kommender Generationen auf Bildung verletzt werde. Die Straßburger Richter entgegneten, dass sich daraus kein Recht Einzelner auf Schutz bestimmter Kulturdenkmäler ableiten lasse.

Antike Bauten sind bald nicht mehr zu sehen.
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13 Jahre hat das Gericht für eine Entscheidung gebraucht. Es war eine der letzten Hoffnungen der Gegner, die eine Flutung der Stadt verhindern wollten. Die nämlich hat zur Folge, dass rund 55.000 Menschen umgesiedelt werden müssen, das Ökosystem zerstört wird und zahlreiche historische Bauten unter Wasser gesetzt werden. Zudem wird der Staudamm Auswirkungen auf den benachbarten Irak haben. Umweltverbände befürchten eine Versalzung des Stroms und ein Artensterben. Schon jetzt mache sich dort Wasserknappheit bemerkbar.

Andritz groß im Geschäft

Begonnen wurde das Projekt zunächst von einem Konsortium deutscher, österreichischer und Schweizer Firmen. Vor allem Andritz Hydro war und ist maßgeblich an dem Projekt beteiligt. Das österreichische Unternehmen baut die Tunnel und stellt die notwendigen Turbinen zur Stromgewinnung her.

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Derzeit kann der Tigris noch zur Abkühlung genutzt werden.
Foto: REUTERS/SERTAC KAYAR

2009 hatten Deutschland, Österreich und die Schweiz ihre Kreditbürgschaften zurückgerufen. Die Garantien waren an 153 ökologische und soziale Auflagen der Weltbank geknüpft, die nicht erfüllt worden waren. Daraufhin stiegen Alstom und die Strabag-Tochter Züblin aus dem Projekt aus, Andritz aber blieb – für das steirische Unternehmen geht es um einen Auftrag im Wert von 340 Millionen Euro. Ein Jahr später, nachdem sich auch die Chinesen nicht für das Projekt interessiert hatten, fand der damalige Premierminister und heutige Präsident Erdogan neue inländische Kreditgeber.

22 Staudämme

Ilisu ist Teil des Südostanatolienprojekts, das 22 Staudämme sowie Wasserkraftwerke und Bewässerungsanlagen um die Flüsse Euphrat und Tigris umfasst. Er ist nach dem Atatürk-Damm der zweitgrößte Staudamm der Türkei. Trotz der aktuellen Wirtschaftskrise nimmt der Energieverbrauch der Türkei stetig zu. Der Bau hatte 2006 begonnen und wurde im Februar 2018 fertiggestellt. Das Kraftwerk soll 1,2 Gigawatt Strom produzieren und rund 4000 Arbeitsplätze schaffen. Bisher aber wurde die Stadt Hasankeyf noch nicht geflutet – das könnte im Juni geschehen. (Philipp Mattheis aus Istanbul, 24.2.2019)