Wehrmachtsweihnachten neben dem festlich geschmückten Tannenbaum: Da durfte auch durchaus einmal ein sexy Outfit mit dabei sein.


Foto: Thomas Korn

Nazismus und (männliche) Sexualität: Das ist ein weites, aber intensiv beackertes Feld. Wilhelm Reich hat ihm einen Buchklassiker gewidmet, Klaus Theweleits Männerphantasien waren in den 1970ern Pflichtlektüre jeder WG, und Visconti ließ seine schwulen SA-Leute in La Caduta degli Dei orgiastisch in den Tod tanzen.

Martin Dammans Buch Soldier Studies: Cross-Dressing in der Wehrmacht geht das Thema von anderer Seite an. Der bildende Künstler aus Berlin hat private Fotoalben gesammelt und aus einem amorphen Korpus eine schmale, imposante Auswahl von Bildern publiziert, welche Wehrmachtssoldaten in weiblichen Kleidern (und vermeintlich weibliche Posen nachäffend) zeigen.

Interessant auch, weil einem Homosexualität im Dritten Reich einen Rosa Winkel samt KZ-Aufenthalt eintragen konnte. Weil die Umstände der gezeigten Szenen nicht oder nur schwer zu eruieren waren, lässt Dammans die Bilder für sich sprechen: Die Hauptaufgabe, über die mit Kopftüchern, Pseudo-BHs oder Slipimitationen ausgestatteten Wehrmachtskrieger zu meditieren, bleibt beim Leser.

Gute, wenn auch knappe Interpretationshilfen steuern der Autor mit einer Soziochronologie der Fotografien sowie der Sozialwissenschafter Harald Welzer mit einem Nachwort und der Bemerkung bei, nichts von dem Gezeigten sei Abweichung, sondern Normalität. Auch Krieger wünschen sich, "Love, not War" zu machen. (Christoph Winder, 22.12.2018)