Daniel Koller/derStandard.at
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Wenn Norbert Kuba über sein Hobby ins Reden kommt, könnte man meinen, dass man sich mit einem Motorsport-Mechaniker unterhält. Da fallen Begriffe wie Chassis, Reifen-Mischungen und Fahrverhalten. Nur ist Kuba nicht Teil eines Motorsport-Teams, sondern Mitglied des Slotcar-Vereins Slotdevils aus Wien-Donaustadt.

US-Amerikaner als Slotcar-Erfinder

Der Überbegriff "Slotcar" ist vielen kein Begriff, die Marke "Carrera" hingegen schon. Diese steht für Spielzeugrennbahnen, bei denen elektrisch angetriebene Modellautos spurgeführt gefahren werden. Die Idee dazu geht auf den US-amerikanischen Erfinder Joshua Lionel Cowen zurück. Beim Rennen "500 Meilen von Indianapolis" kam ihm 1911 die Idee, dieses Geschehen auf der Rennstrecke in verkleinerter Form doch in die Kinderzimmer zu bringen.

Erfolg blieb anfangs aus

Ein Jahr später war die erste Spielzeugrennbahn erhältlich – der Erfolg blieb wegen mangelnder Steckdosen in US-Haushalten allerdings aus. Bereits 1915 wurde die Produktion wieder eingestellt. Erst 1939 wurde die Idee vom Amerikaner Edward Cullen erneut aufgegriffen. 1957 schaffte Cullen mit einer kunterbunten Rennbahn mit kombinierbaren Schlitzschienen den Durchbruch. Die Mini-Rennbahn begeisterte weltweit Kinder und Erwachsene.

In den USA war Slotcar-Racing in den 60er- und 70er-Jahren ein wahrer Volkssport.
Foto: Slotcarhistory.com/Dennis David

Deutscher gründete Carrera

In den USA entwickelte sich das Spielzeug zum Breitenphänomen. Zu dieser Zeit war auch der deutsche Spielzeugfabrikant Hermann Neuhierl in den Vereinigten Staaten auf Geschäftsreise. Der Nürnberger erkannte das Potential und beschloss, seinen Heimatmarkt zu erobern. 1963 stellte Neuhierl unter dem Markennamen Carrera seine eigene Rennbahn vor und wurde in den folgenden Jahren weltweiter Marktführer.

Mittlerweile in österreichischer Hand

Mittlerweile ist Carrera in österreichischer Hand. Dieter Stadlbauer übernahm das Unternehmen nach einigen turbulenten Jahren im Jahr 1999. Nach seinem Tod 2015 übernahm Sohn Andreas den Betrieb, dessen Firmenzentrale in Puch bei Salzburg ist. Auch im digitalen Zeitalter mit all seinen Möglichkeiten verkaufen sich die Autorennbahnen weiterhin. 2017 lag der Jahresumsatz des Unternehmens bei 170 Millionen Euro.

Beim Wiener Slotcar-Verein Slotdevils.
DER STANDARD

Jeder Fahrer für sein Auto zuständig

Dies dürfte nicht zuletzt Enthusiasten wie Kuba zu verdanken sein. Der 55-Jährige hatte als Bub eine Carrera-Rennbahn und fand mit 35 Jahren wieder zurück zu dem Spielzeug. Mittlerweile ist die Kindheitserinnerung in Form des Slotcar-Racings zum Hobby geworden, in das Kuba mit seinen Slotdevils-Kollegen viel Zeit investiert. Jeder Fahrer ist nämlich auch gänzlich für sein Auto zuständig.

Langwierige Optimierung

Bei der Optimierung der Fahrzeuge können mitunter Wochen vergehen. Mittels Magneten oder kleinen Blei-Elementen wird so ein Auto beschwert, damit es nicht aus der Bahn fliegt. Gleichzeitig ist aber auch die Höchstgeschwindigkeit und Beschleunigung nicht zu vernachlässigen. Hier wird mittels möglichst leichtgewichtiger Karosserien das Maximum herausgekitzelt. Auch bei den Reifen kann experimentiert werden. Wie im echten Motorsport gilt es auch hier, den Kompromiss zwischen Leistung und Verschleiß zu finden.

Bei jeder Veranstaltung eigene Regeln

Anarchische Zustände herrschen beim Slotcar-Racing allerdings nicht. Der Rennveranstalter kann individuelle Regeln für seine Strecke festlegen, denen sich die Teilnehmer zu unterwerfen haben. Hier wird einerseits versucht, möglichst viele Fahrer anzusprechen, andererseits diese auch zu fordern. So gibt es Vorgaben hinsichtlich des Gewichts oder der Bereifung – wie man diese nun erfüllt, kann jeder Teilnehmer für sich selbst erarbeiten.

Über die Handregler ist ein letztes Feintuning möglich.
Daniel Koller/derStandard.at

Finales Feintuning mittels Handregler

Jedes Spielzeugauto ist somit hinsichtlich des Fahrverhaltens einzigartig und kann zusätzlich noch über den Handregler angepasst werden. So ist dann noch ein finales Feintuning in puncto Bremsverhalten, der Gleitfähigkeit oder der Beschleunigung möglich. Vor einem Rennen kann beim Training das Fahrzeug dadurch an die Bahn angepasst werden. Eine kleine Änderungen an den etlichen Drehrädern des Reglers kann große Auswirkungen auf die Zielzeit haben oder darauf, ob man mit seinem Fahrzeug in der Bahn bleibt.

Diese Slotcars erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 160 Stundenkilometer.
Jussi Kämäräinen

160 Kilometer pro Stunde in der Königsklasse

Mit den aus der Kindheit bekannten Spielzeugautos hat das nur mehr wenig zu tun. Dies schlägt sich auch im Preis nieder. Bei Fahrzeugen mit dem Maßstab 1:32 kommt man etwa auf einen Preis von bis zu 80 Euro. Bei den größeren 1:24-Autos auf 200-300 Euro. Noch teurer sind die sogenannten Wingcars, die die Königsklasse des Slotcar-Racings ausmachen. Diese beschleunigen auf eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h und schaffen Rundenzeiten von 1,5 Sekunden bei einer Bahnlänge von 47 Metern.

Das 24-Stunden-Slotcar-Rennen.
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24-Stunden-Rennen in England

Kuba kann dem selbst nicht allzu viel abgewinnen._Für ihn steht Ausdauer vor Geschwindigkeit, weshalb er mit seinem_Team bereits bei einem 24-Stunden-Rennen in England dabei war. Einen Tag lang kreisen die Slotcars dann auf der Bahn, wobei sich die Teilnehmer abwechseln. Einer fährt, einer legt das Fahrzeug wieder in die Bahn und einer repariert. Zwecks Authentizität sind die Fahrzeuge mit Lichtern ausgestattet und müssen in den Nachstunden bei kompletter Dunkelheit ihre Runden ziehen. Die Veranstaltung zieht Teilnehmer aus etlichen Ländern an, wobei die Spanier laut Kuba zumeist die Nase vorne haben.

Szene in Österreich größer als gedacht

Wie groß die Szene in Österreich ist, ist schwer zu erfassen. Eine offizielle Auflistung gibt es nicht. Ein mögliches Indiz für das Ausmaß der heimischen Slotcar-Fangemeinde lieferte für Kuba allerdings die Wiener Modellbaumesse. Dort wurden die Slotdevils gebeten, eine Bahn aufzubauen. Das Interesse war überraschend groß. "Damals haben wir bemerkt, dass es irrsinnig viele Kleingruppen gibt, die sich regelmäßig zum gemeinsamen Fahren am Dachboden oder im Garten treffen". (Daniel Koller, 11.02.2018)