Das erste interkontinentale Videotelefonat per Quantenverschlüsselung fand zwischen Peking (im Bildschirm links) und Wien (im Bildschirm rechts) statt. Im Vordergrund: Quantenphysiker Anton Zeilinger.

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Zwischen der Bodenstation beim Observatorium Lustbühel und dem chinesischen Satelliten Micius wurden mithilfe ausgetauschter Lichtteilchen ein Quantenschlüssel erzeugt.

Foto: ÖAW / Johannes Handsteiner

Anton Zeilinger hält beim ersten interkontinentalen Quantentelefonat ein Modell vom Satelliten Micius in die Kamera.

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Peking/Wien – "Professor Zeilinger, can you hear us?" Dann eine gefühlte Ewigkeit des Schweigens, bis der Quantenphysiker Anton Zeilinger die Frage seiner chinesischen Kollegen beantwortete: "Yes, I can hear you." Applaus. So lauteten also die Begrüßungsworte im ersten interkontinentalen Videotelefonat, das am Freitag zwischen Wien und Peking abgehalten worden ist – unter Verwendung der Verschlüsselungsmethoden der Quantenphysik.

Das Quantenvideotelefonat zwischen Zeilinger, Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), und Chunli Bai, Präsident der chinesischen Akademie der Wissenschaften, war nicht nur der erste Versuch dieser Art, sondern wurde auch live im Beisein der Öffentlichkeit durchgeführt – im knallvoll gefüllten Raum im Hauptgebäude der ÖAW in Wien.

Zweistufiges Verfahren

Wie Rupert Ursin, Gruppenleiter am Wiener Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der ÖAW, ausführte, handelt es sich bei der Quantenkryptografie um ein zweistufiges Verschlüsselungsverfahren: Im ersten Schritt wird ein sogenannter Quantenschlüssel erstellt. Das ist eine gemeinsame Zufallszahl, die in diesem Fall durch den Austausch von Lichtteilchen des chinesischen Satelliten Micius und mehrerer Bodenstationen generiert worden ist.

ORF-Beitrag: Quantenphysiker haben eine neue ganz sichere Möglichkeit der Kommunikation gefunden: Verbindungen und Nachrichtenübertragungen können damit nicht mehr geknackt oder abgehört werden.
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Fünf Bodenstationen befinden sich in China, die sechste in Österreich beim Observatorium Lustbühel in Graz. Das Verfahren namens One-Time-Pad gilt als absolut abhörsicher. Dabei wird die Polarisation des Lichtes wie auch die Messung auf der Erde ständig zufällig geändert.

Im zweiten Schritt geht es darum, den Quantenschlüssel zu verwenden, um eine Nachricht zu verschlüsseln und beim Empfänger wieder zu entschlüsseln – genau das war Gegenstand des Live-Experiments. Die Schlüssel, die per One-Time-Pad-Verfahren erzeugt werden, sind derzeit noch zu klein, um die für ein Videotelefonat nötigen Datenmengen zu verschlüsseln. Daher hat man einen von ihnen in viele Teile zerlegt, die mehrfach getauscht wurden. Das Telefonat war somit nicht hundertprozentig abhörsicher, aber laut Zeilinger "eine Million Mal sicherer gegen Abhören als alles, was derzeit möglich ist".

Absolut abhörsicher

Im Zuge der Videokonferenz wurden weiters Fotos übertragen, die gänzlich per One-Time-Pad verschlüsselt worden sind – und damit absolut abhörsicher sind.

Wien schickte ein Foto des österreichischen Physikers und Nobelpreisträgers Erwin Schrödinger nach Peking. Von dort wurde wiederum ein Bild des Namensgebers des chinesischen Satelliten Mozi, latinisiert Micius, nach Wien übermittelt.

"Es ist heute das erste Mal, dass wir eine Quantenkryptografieverbindung über so eine große Distanz herstellten", sagte Ursin, "die Quantenkryptografie hat nun globale Distanzen erreicht."

Vorarbeit für Quanteninternet

Das Herzstück des Experiments, der Satellit Micius, ist vor einem Jahr ins All geschickt worden. Chinesische und österreichische Forscher wollen damit die abhörsichere Quantenkommunikation zwischen Weltraum und Erde testen. Leiter des Quantum Experiments at Space Scale (QUESS) ist der in China tätige Physiker Pan Jianwei, der einst bei Zeilinger an der Uni Wien dissertierte.

Für Zeilinger ist der nun gelungene Versuch der nächste Schritt zu einem künftigen Quanteninternet, "wo man wirklich sicher sein kann, dass das, was man ins Netz schickt, oder das, was von dort zurückkommt, sicher ist". Um das zu erreichen, müsse die Lichtteilchenübertragung noch mit Quantencomputern verbunden werden – wann das gelingen könnte, dazu wagte der Quantenphysiker allerdings keine Prognosen. (Tanja Traxler, 29.9.2017)